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   gedichte querfeldein, zwischen lahn und orinoko










Wenn's dann auch wieder mit der Nachbarin klappt...:

Der Muse Himmelreich


Das Blatt, unschuldig, weiß.
Bis dass ich es zerreiß'.
Es ließ sich wieder mal nicht füllen
mit Inhalten, Wörtern, den passenden Hüllen,
die vormals oft nur so gepurzelt,
jetzt störrisch untergrunds verwurzelt.

Dabei ging's doch nur um ein einzig' Gedicht.
Den Widerstand versteh' ich nicht.
Synapsen wie in Fett gelegt: nix funkt, steigt auf zu beinah göttlicher Assoziation ...
Stattdessen Sand nur im Getriebe, die ganze Nerverei sich wieder überhaupt nicht lohnt.
Die Contenance völlig entgleitet, ich fluch', will zwingen es partout.
Nichtsdestotrotz herrscht in der Rübe störrisch-trotzig ausschließlich Ruh'.

Etwa weil der Geist verwaist?
Oder gar bereits vergreist?
Die Stirn schlägt immer tief're Falten. Umsonst, nur dicker wird der Dunst...

Ertrotzen lässt sich nun mal nicht der Inspirationen flüchtige Gunst,
auch wenn die dir tatsächlich schon mal wurd' zuteil.
Die knutschend' Muse zweifelsfrei zumindest heut' dir ist enteilt....

Im Moment wird sie hingebungsvoll wohl wen and'res küssen,
wird ihre Gunst dabei - die dünne Hoffnung wenigstens bleibt - gut aufzuteilen wissen ...
Bis ihre Zuneigung allerdings auf dich erneut mag werden gelenkt,
bist du längst erstickt in Gedankenmus,
monströsen Gebilden, Wendungen abstrus,
elendiglich verrenkt.

Willst leisten du dir keine Muse,
die exklusiv dich würd' beschmusen,
fortwährend einfühlsamer?
Sinnhafter Verse du bislang entbehrtest? Bist zwar Poet, doch auch ein armer.

Ergehst dich so auch weiterhin
in Fingerübungen ohne Sinn.
Gerade so wie diese ...
Allein den Nachweis kannst ertrotzen,
getummelt dich zu haben auf der Poetenwiese,
selbst wenn die Blütenpracht etwas mickrig, ausreichend eher nicht zum Protzen.

Sparst vielleicht endlich du doch auf ein Musenexemplar,
das beflügelt selbst die verstockteste Phantasie.
Quell steter Inspiration könnt' sie dir sein, ein ganzer Themenpark
für deine Gedichte, die wegweisend würden wie bislang nie.

Deine Muse solltest dann durchweg du ehren,
wenn angebracht auch ganz vorsichtig nähren.
Standesgemäß sollst du sie kleiden, ihre Lebenslust zu mehren.
Führst aus sie zu Partys, Lesungen, zeigst 'rum sie auf Vernissagen.

Weidest ordentlich dich an neidvoller Kollegen finsteren Visagen.

Des Poeten - bislang viel zu häufig blanke - Blätter landen so
nicht mehr ganz unverrichtet bevorzugt auf dem Klo.
Stattdessen sie dann füllen sich
mit erlesensten Worten zu Versen voller Zuversicht.
Als wertiger Dichter du endlich würdest wieder erkannt.
Erfolg, auch manch' Wurstzipfel, füllten sehr bald deine Schöpferhand.

... bis deine Muse rebelliert, dein ganzes System sie gründlich aufwühlt.
Sich ihres Stellenwertes bewusst sie nicht mal mehr Schampusgläser spült.
Genüsslich lutscht sie dich zielstrebig aus,
ist irgendwann unbestritten Herrin in eigentlich deinem Haus.

Dein unsterblich geglaubter Ruhm zerfiele, wohlmöglich noch vor deiner sterblichen Hülle.
Letztendlich blieben nur Schall und Rauch. Und obendrein ein wenig Gülle.

Des wahren Dichters knallbuntes Leben ist voller Risiko.
Ganz ohne dies macht's allerdings den Dichter auch nicht wirklich froh ...

Wetzlar, Januar 2014

Tinder versus Old School Flirting:

partnerwahl


bist du zufrieden mit der braut?
tanzt sie für dich auf spitzen?
ist er der typ, dem du vertraust?
oder hat er überall noch 'ne and're sitzen?

den traumpartner aufzuspür'n ist nicht einfacher geworden,
seit sonderangebote internetig geradezu überborden.
wenn's nottut transkontinental
hast du die auswahl. und die qual.

der schicksalshafte treff an der supermarkt-käsetheke,
längst überreif, ein auslaufmodell.
zwecks anbandelns wir auf der couch uns nun räkeln.
partnerbörslich wird gesetzt, unverbindlich, virtuell,
auf den alles entscheidenden klick,
der uns schon hinführ'n wird zu dem oberhammerkick.

wo ungeniert gelogen wird, dünne images aufzuplustern.
stets abenteurlicher sie werden, die selbstgestrickten lebensmuster.
und jeder hofft bald ranzukommen an den allseits verlockenden speck,
bevor der - konkurrenz schläft nicht! - sich vorschnell schnöde stiehlt hinweg.

aber egal, schier unermesslich die auswahl im www,
da wird schon noch was anderes geh'n.
'nen startvorteil hat, wer in etwa weiß, was er ganz gewiss nicht haben will.
die kataloge haben ständig geöffnet, die waren halten - hoffentlich - still.

intellekt in meinem fall nicht sonderlich wäre vonnöten,
zuviel tiefgang würde nur alle spannung töten.
je betonter hingegen äußerliche attribute,
umso stärker käme dies werbewirksam ihr zugute.

bin auch bereit zu tragen sie auf händen, die kraftvoll sind, doch nie schwer.
die die kohle nur so schaufeln, ihr täglich erlaubten den gang zum coiffeur,
ganzkörper-epilierung und den ewigen teint von der sonnenbank.
renovierungen durch beauty-docs sind schon eingepreist. sichtbarer zerfall macht mich nur krank.

solang's eben geht soll sie dann sein meine tuss.
das könnt' auch so bleiben ..., bis zum nächsten beschuss,
wenn wohlwollend mein blick auf ein neues objekt der begierde fällt, das ich mir gern würd' einverleiben.
das fieber bis zum entscheidenden klick hilft mir die lebenslangeweile kurzfristig zu vertreiben.

Wetzlar, Januar 2014

Manchmal braucht es erkenntnistechnisch etwas länger; von der (gelegentlichen) Attraktivität ausgemachter Arschlochtypen:

Früher oder etwas später


Der Schwiegervater ganz okay,
die Schwiegermutter eine Fee.
Sie hatten schnell ins Herz dich geschlossen.

Vergessen konntest dafür du aber deine Süße.
Für die warst du ein Anpasserarsch, damals komplett für die Füße.
Egal wie sehr sie g'rade noch schien in dich verschossen.

Um sie tatsächlich - damals! - vollends zu erkür'n,
die Kunst bestand nicht nur darin sie kunstvoll zu verführ'n.
Die hätte vor allem bestanden in fettester Konfrontation,
ihren Spießereltern ein erfrischend aufsässiger Schwiegersohn.

Doch die Zeiten gründlich sich wandeln...
Strebst heut' du an dich zu verbandeln,
bei deinen Schwiegereltern-to-be
du besser bist bemüht um ausgeprägte Harmonie,
weil den erlesensten Freundesstatus ihre Eltern haben für sie.

Das kommt dem Warmduscher in dir wahrscheinlich eh entgegen,
zudem erlaubt's dir ja 'nen tief'ren Einblick in ihr spät'res Wesen.
Zeitgeistdiktiert wird's kein Stück mehr von Vorteil sein
den Provokateur zu mimen, einen Ausbund an Aufsässigkeit.

Spar' trotzdem dir genau das auf für später,
solltest du tatsächlich sein ein ausgeprägter Leisetreter.

Denn wenn euer Leben verläuft in Bahnen, die ausschließlich gerade, sauber und putzig,
sie irgendwann hat's schlichtweg satt, dies ewig gleiche Dutzi-Dutzi.
Entgegen ihrer erklärten Überzeugung,
Erfüllung in Harmonie, kommt es nun zunehmend zu deren Beugung.
Sie sympathisiert mit Profi-Arschlöchern, die plumpenst nach ihr geifern und gier'n,
ohne auch nur ansatzweise zu merken, dass die Aufreißer sie auf's Simpelste manipulier'n.

Schluss plötzlich ist mit heiler Welt. Sie himmelt Womanizer, Aufschneider,
bad boys und Großkotze mit den durchsichtigsten Schmachtnummern an.
Als hätte ihr schon lang' genau dies' Gesülze gefehlt. Doch leider
ist deine Person dabei völlig ohne jeden Belang...

Deine komplette Neuausrichtung könnt' also bald sein überreif,
weshalb du besser schon entwickelst beizeiten auch ausgeprägte Arschlochseiten.
Um ihr zu bieten was viel zu lang sie offenbar entbehrte, greif'
zu schmierigem Schmeicheln, gewieftem Widerstand, dem ganzen Spektrum an Aufdringlichkeiten.

Wenn sie verspürt sie hat ein ziemliches Arschloch daheim
was braucht sie noch and're der Sorte? Avancen der Art erstickst du im Keim!
Genügst ihr vollauf nun in schillerndsten Facetten: gelegentlich das Bübchen zahm,
dann aber auch ihr Mario Barth, als Frauennichtversteher,
ihr Dr. Jackyl-Mr. Hyde, dann wieder auch ihr Don Juan,
wenn auch in schlichter Version eher.

Bedenke, selbst Peter Parker in Spiderman 3
erst musste zum Arschloch mutier'n,
bevor seine Tuss final ihn erwählt' und fortan verehrte in Abgötterei....
Mit dir als Teilzeit-Arsch auch deine Beziehung würd' sehr viel länger noch wohlig vibrier'n.

Wetzlar, August 2015


Zuviele schon gingen: R.I.P.

Hinterhergerufen

Die musikalischen Hohepriester machen sich allmählich vom Acker,
im Grunde nicht arg verwunderlich.
Durch lange 50 Jahre haben die sich zumeist gekokst und gekifft.
Ihre Lebenskerzen nicht etwa erzeugten laues Geflacker.
Die brannten lichterloh, zeitgleich an beiden Enden.
Die ganz Falschen hat's also eher nicht erwischt. Das lässt sich dreh'n und wenden...

Wenn's nur nicht ausgerechnet wären
die musikalischen Genies, die entscheidend uns hatten geprägt.
Die nichts unterließen Ewigkeitswerte zu gebären.
Mit denen wir gelitten, gefeiert. Und ihr Vermächtnis gehegt. Von denen wir aber doch wenigstens durften hoffen,
dass sie uns auch weiterhin begleiten, wenngleich musikalisch bisweilen eh'r ergebnisoffen.

Schmählich, wie abrupt sie derzeit uns verlassen,
mental total uns den Stöpsel zieh'n.
Uns bleibt nur ihre Kunst nicht rasch verblassen zu lassen,
kultisch sie zu verklären, ein Stück weit mit ihnen noch uns'rem Alltag zu entflieh'n.
Verzweifelt greifen wir zu den von ihnen heißgeliebten Spirituosen,
sind vom Donner gerührt, am Boden zerstört. Können's einfach nicht fassen.
Ihre Gegenwart war uns vertraut wie sonst nur uns're Arthrosen.
Jetzt gibt es uns're Helden nur noch steril in Dosen,
als Abziehbild auf T-Shirts, Postern, DVDs oder Tassen.
Ein weiterer Stern verglüht, das Vergessen zu liebkosen.

Wetzlar, Februar 2016


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